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Vom leisen Bohren dicker Bretter in der Netzpolitik

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Was war das für ein Theater mit der Abstimmung über die Vorratsdatenspeicherung auf dem SPD-Bundesparteitag? Gefühlte 150 Mal wurden Debatte und Abstimmung auf dem Parteitag verschoben. Schließlich fand sie dann doch kurz vor Ende des Parteitages am Dienstag statt. Das Ergebnis war eindeutig: Die Mehrheit der Delegierten sprach sich für die Vorratsdatenspeicherung aus. Von außen und vor allem über die (vermeintliche) Twitter-Blase betrachtet hatte ich den Eindruck, dass die Netzpolitiker diese Entscheidungsschlacht über die #VDS „mit aller Gewalt“ herbeiführen wollten, das Parteiestablishment diese aber doch deutlich gewonnen hat. Für den Mut dazu, gilt den netzpolitischen Sozis auf jeden Fall meine Hochachtung!

Die Abstimmung zeigt aber mal wieder, dass Netzpolitik gerade in den beiden Großparteien CDU/CSU und SPD eben ein „Bohren dicker Bretter“ ist, wie schon Max Weber sagte. Die Netzpolitiker bei den Sozis haben es diesmal mit dem Schlagbohrer versucht und haben sich dabei offensichtlich verhoben. Der Shitstorm, der die Sozis gerade in diesen Minuten auf Twitter überkommt, ist vielleicht auch ein Ergebnis, der Schlagbohrer-Methode und der geweckten hohen Erwartungen im Vorfeld dieser Parteitagsentscheidung.

Wir in der Union versuchen den leiseren Weg und Bohren langsamer und vielleicht auch mühsamer weiter dicke Bretter. Ich finde, wir sind in den letzten Jahren dabei schon ein kleines Stückchen vorangekommen, auch wenn das von der breiten Öffentlichkeit vielleicht nicht immer so wahrgenommen wird, wie die Leuchtturm-Debatte um die Vorratsdatenspeicherung:

Zwar gab es schon 2002 einmal einen Beschluss des Bundesvorstandes der CDU Deutschlands mit dem Titel „Chancen@Deutschland“, der sich klar zu einer chancenorientierten Netzpolitik bekennt, was jedoch zwischenzeitlich etwas vergessen wurde. Richtig in den Focus geriet die Netzpolitik in der Union erst wieder im Wahljahr 2009. Rund um die Bundestagswahl fand sich ein Kreis von netzaktiven JU-, CDU- und CSU-Mitgliedern zusammen, dessen Ziel es zunächst nur war, die Unionsflagge in den Sozialen Netzwerken hochzuhalten. Schnell wurde jedoch klar, dass man auch inhaltlich und parteiintern noch großen netzpolitischen Nachhol- und Handlungsbedarf sieht. Im Laufe des Jahres 2010 wurde dann vom Deutschlandrat der Jungen Union ein Beschluss mit dem Titel „Freiheit und Verantwortung – Plädoyer für eine moderne Netzpolitik“ verabschiedet, an dem ich federführend mitwirken durfte. Der Beschluss bekennt sich deutlich zu den Chancen des Netzes und beinhaltet u.a. eine der ersten öffentlichen Festlegungen aus der Union für „Löschen statt Sperren“ in der Debatte um die Bekämpfung der Verbreitung der Kinderpornographie. Wenig später entstand der Arbeitskreis CDU-Netzpolitik, welcher zum Bundesparteitag in diesem Jahr in Leipzig einen ersten Zwischenbericht vorgelegt hat. Frank, Stecki, Claus, Florian, Peter und Sven haben hierzu schon ausführlich gebloggt, daher möchte ich das nicht alles hier wiederholen. Wichtig ist aber, dass wir im AK Netzpolitik versuchen, eine Dialogplattform zwischen eher „netzaffinen“ und eher „netzkritischen“ Unionspolitikern zu schaffen. Daraus ist z.B. das „Pro & Contra“ Vorratsdatenspeicherung in der neuesten Ausgabe der UNION entstanden. Wer hätte vor wenigen Monaten überhaupt vermutet, dass, dass es in der Union Leute gibt, die die Vorratsdatenspeicherung kritisch sehen? Heute „duellieren“ sich mit Michael Kretschmer und Günter Krings zwei stellv. Fraktionsvorsitzende im CDU-Mitgliedermagazin. Auch wenn das für manch einen aus Parteien, die sich für DIE deutschen „Internetparteien“ halten, lächerlich erscheint: Ich halte das für einen Schritt nach vorne und freue mich darüber.

Im Übrigen zeigt das Beispiel, dass wir als Union eben nicht den leichten Weg wählen: Wir reden im Gegensatz zu anderen nicht einer grenzenlosen Freiheit im Internet das Wort, sondern wir ringen um den richtigen Weg zwischen Freiheit und staatlicher Regulierung, weil Freiheit und Verantwortung eben nicht zu trennen sind.

Ein weiteres Beispiel stimmt mich positiv im Hinblick auf die Netzpolitik der Union: Zwar stimmt die Aussage, dass allein das Besitzen eines Twitter-Accounts noch keinen guten Netzpolitiker ausmacht. Dennoch ist es super, dass immer mehr Unions-MdBs das Gezwitschere in 140 Zeichen für sich entdecken. Denn erst, wer wirklich in die moderne Kulturtechnik des Internet eintaucht und es wirklich nutzt, kann auch sinnvoll über die Regulierung des Netzes entscheiden. Peter Tauber hat, nachdem er schon Peter Altmaier von Twitter begeistert hat, nun auch Erika Steinbach (Wer hätte das gedacht?) zu Twitter geführt (Beweisfoto). Es bleibt zu hoffen, dass Peter diesem Zwei-Monats-Takt in etwa treu bleibt. Ich bin jedenfalls gespannt, welchem Abgeordneten Peter als nächstes überzeugt, in die Direktkommunikation per Twitter einzusteigen.

Trotz dieser kleinen Positivbeispiele räume ich ein, dass wir noch viel ringen müssen, um eine moderne und freiheitliche Netzpolitik zu verwirklichen. Von einer Mehrheit gegen die #VDS auf einem Bundesparteitag sind wir sicher genauso entfernt, wie die Sozialdemokraten. Aber vielleicht führt unser weg eben nicht über den direkten Weg eines Parteitagsbeschlusses, der auch eine Sackgasse sein kann, wie das Beispiel der Sozialdemokraten zeigt, sondern über Umwege zum Ziel. Anders ausgedrückt: Das lange und kontinuierliche Bohren ist manchmal sinnvoller, als den Schlagbohrer herauszuholen und zu riskieren, dass die Bohrmaschine „durchbrennt“ oder der Bohrer abbricht.

Deshalb gilt es zusammen mit Vorkämpfern wie Peter Altmaier, Michael Kretschmer, Dorothee Bär, Peter Tauber, Thomas Jarzombek und vielen weiteren Unions-Netzaktiven in den Gremien und an der Basis weiter zu kämpfen. Der CDU-Arbeitskreis, das CSUnet, der Netzbeirat der CDU NRW und die vielen JU-Verbände, die sich das Thema Netzpolitik auf die Fahnen geschrieben haben, bilden hierfür gute Plattformen!

Also auf geht’s: Weiterbohren!

 

 

(Foto: Susanne Schütze-Lülsdorf  / pixelio.de)


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